Das Asylrecht in Deutschland (oder in Germania) begann nicht - wie manche es hinstellen möchten - mit dem Bonner Grundgesetz vom 23.05.49, sondern schlägt hierzulande tiefe archaiche Wurzeln. Wer anderen das Asylrecht gewährt hat, der
konnte sich wie ein Held fühlen. Aber eigentlich muß sich auch derjenige als heldenhaft vorkommen, der sich selbst ein heimisches Asyl zu gönnen imstande ist. Um das Asyl als Geschenk plastisch zu verdeutlichen, vergegenwärtige ich es anhand einer Szene aus dem Nibelungenlied von Richard Wagner (Die Walküre - aus der 1. und 2. Szene) wie folgt:
Siegmund: | Wes Herd dies auch sei, |
Sieglinde: | Ein fremder Mann! |
Siegmund: | Ein Quell! Ein Quell! |
Sieglinde: | Erquickung schaff ich. Labung biete ich dem lechzenden Gaumen Wasser, wie du gewollt! |
Siegmund: | Kühlende Labung gab mir der Quell, des Müden Last machte er leicht, erfrisc ht ist der Mut, das Aug' erfreut des Sehens selige Lust. Wer ist's, der so mir es labt? |
Sieglinde: | Dies Haus und dies Weib sind Hundings Eigen; gastlich gönn' er die Rast; bis heim er kehrt! |
Siegmund: | Waffenlos bin ich: dem wunden Gast wird dein Gatte nicht wehren. |
Sieglinde: | Die Wunden weise mir schnell! |
Siegmund: | Gering sind sie, der Rede nicht wert; noch fügen des Leibes Glieder sich fest. Hätten halb so stark wie mein Arm Schild und Speer mir gehalten, nimmer floh ich dem Feind; doch zerschellten mir Speer und Schild. Der Feinde Meute hetzte mich müd, Gewitterbrunst brach meinen Leib; doch schneller, als ich der Meute, schwand die Müdigkeit mir; sank auf die Lider mir Nacht, die Sonne lacht mir nur neu. |
Sieglinde: | Des seimigen Metes süßen Trank mögst du mir nicht verschmähn. |
Siegmund: | Schmecktest du mir ihn zu? Einen Unseligen labtest du; Unheil wende der Wunsch von dir! Gerastet habe ich und süß ; geruht; weiter wend' ich den Schritt. |
Sieglinde: | Wer verfolgt dich, daß du schon fliehst? |
Siegmund: | Mißwende folgt mir, [nicht Miß Wende] wohin ich fliehe; Mißwende naht mir, wo ich mich neige, Dir, Frau, doch bleibe sie fern! Fort wende ich Fuß und Blick. |
Sieglinde: | So bleibe hier! Nicht bringst du Unheil dahin, wo Unheil zu Hause wohnt! |
Siegmund: | Wehwalt hieß ich mich selbst: Hunding will ich erwarten. |
Sieglinde: | Müd am Herd fand ich den Mann: Not führt' ihn ins Haus. |
Hunding: | Du labtest ihn? |
Sieglinde: | Den Gaumen letzt' ich ihm, gastlich sorgt' ich sein! |
Siegmund: | Dach und Trank dank ich ihr; willst du dein Weib drum schelten? |
Hunding: | HEILIG IST MEIN HERD; HEILIG SEI DIR MEIN HAUS! Rüst uns Männern d as Mahl! |
Und so hätte es bleiben können, wenn das Schicksal die Geschichte nicht in andere Richtung gewendet hätte.
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(Quelle: Tacitus, Cornelius Publius, Germania, Kap. 21, S. 59, 61, insel taschenbuch (1980)) |
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